Trotz ihrer vielen Vorteile bringen Incoterms auch Herausforderungen mit sich. Eine zentrale Problematik ist die falsche oder unpassende Anwendung der Klauseln. Häufig werden Incoterms gewählt, ohne die konkreten Anforderungen der jeweiligen Lieferkette zu berücksichtigen. Dies kann zu Kostensteigerungen, Verzögerungen oder rechtlichen Konflikten führen.

Ein Beispiel: Die Klausel EXW (Ex Works) erscheint auf den ersten Blick einfach, da der Verkäufer die Ware lediglich zur Verfügung stellen muss. In der Praxis bedeutet dies jedoch, dass der Käufer sämtliche Transport- und Zollformalitäten selbst übernehmen muss – was für unerfahrene Unternehmen problematisch sein kann.

Ein weiteres Risiko liegt in der inkorrekten Vertragsformulierung. Werden Incoterms nicht präzise benannt (z. B. „FOB Hamburg Incoterms 2020“), entstehen Auslegungsspielräume, die im Streitfall zu Unsicherheiten führen können. Zudem regeln Incoterms nicht den Eigentumsübergang oder Zahlungsbedingungen – was oft fälschlich angenommen wird.

Auch in der Schulung und im täglichen Umgang zeigen sich Schwächen: Kenntnisse über die Details der einzelnen Klauseln sind häufig lückenhaft, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen. Dies kann zu Fehlentscheidungen und mangelnder Compliance führen.

Zudem müssen Incoterms immer im Zusammenhang mit nationalem Recht betrachtet werden. Unterschiede in der rechtlichen Bewertung einzelner Punkte können zu zusätzlichen Herausforderungen führen – etwa im Hinblick auf Haftung oder Versicherung.

In komplexen Supply Chains mit mehreren Transportmitteln und Schnittstellen ist die Auswahl der passenden Klausel zudem anspruchsvoll. Hier sind fundierte logistische und juristische Kenntnisse erforderlich.